Review: Dream Machine von TOKIO HOTEL

Tokio Hotel Dream Machine

Ist von Tokio Hotel, kann nur mies sein. Oder doch nicht?

Ich beginne meine Review mal im gleichen Stil, wie ein anderer Rezensent bereits vor mir. Nur der Tenor ist ein anderer.

Mal ehrlich lieber Leser: DU liest diese Review doch in der Hoffnung, nun erheitert und genussvoll lesen zu können, wie ich das neue Album von TOKIO HOTEL vereiße. Wenn dem so ist: klicke oben links auf das Schließen-X und tue Dir das Folgende bitte nicht an.

Über die Band

Über TOKIO HOTEL muss ich vermutlich nicht allzu viel schreiben. 2001 von vier jungen Magdeburgern gegründet, Traum zahlloser pubertierender Mädels, musikalisch aber damals schon deutlich neben dem Mainstream. Denn nur so konnten Hits wie DURCH DEN MONSUN und SCHREI so erfolgreich werden. Alleine das Debut-Album wurde 1,7 Millionen mal verkauft. Wo Musiker erfolgreich sind, folgen dann immer auch die Neider. Und so kam der Fluch einer jungen Boyband auch über TOKIO HOTEL, was die Band 2010 zum Rückzug aus der Öffentlichkeit bewegte. Leadsänger BILL KAULITZ war schon immer optisch sehr auffallend und provozierte von Beginn an mit einem sehr selbstbewussten, stilistisch unangepasstem Auftreten. Immer wieder nährten die optischen Verwandlungen des androgynen BILL Gerüchte hinsichtlich seiner sexuellen Ausrichtung, was ihn nicht selten in die homosexuelle und somit automatisch “tuntige” und grundlos abzulehnende Ecke stellt. Bewundernswert bleibt anzumerken, dass weder Leadsänger noch Band sich davon beeindrucken ließen. Die Zwillinge wanderten in die USA aus. Als Bill währenddessen seinen Faible für die Mode entdeckte und durch eigene Kreationen, aber auch Teilnahme an Modeshows den Fokus zunehmend auf die Modeschiene lenkte, unkten Kritiker bereits das Ende der Band.
2014 belehrten TOKIO HOTEL eben diese Kritiker eines besseren, denn sie produzierten ihr viertes Album KINGS OF SUBURBIA. Dieses Album zeigte schon einen deutlichen Wandel weg vom poppigen Mainstream-Gejammere hin zu einem elektronisch dominiertem Mix aus Pop und Rock. Auch optisch war hier nichts mehr von den einst so artig anmutenden Musikern übrig. KINGS OF SUBURBIA landete in knapp 20 Ländern auf dem ersten Platz der jeweiligen Album-Charts, in Deutschland ein Neueinstieg auf Platz 2.

Das Album

Nun, im Jahre 16 nach Bandgründung, leben die Zwillinge wieder vorübergehend in Deutschland. Und servieren ein neues Album: DREAM MACHINE.
Man durfte gespannt sein, denn so provozierende wie zugleich polarisierende Songs wie GIRL GOT A GUN fallen nicht vom Himmel und deren Effekte lassen sich nicht unbegrenzt wiederholen.

Mit SOMETHING NEW starten wir nun also in den ersten Song des Albums. Der Start beginnt mit seichten und leisen sphärischen Klängen aus dem Synth. Der Gesang von Leadsänger BILL KAULITZ hat eine gewisse Reife dabei, die er jedoch beim Einsatz seiner Kopfstimme in diesem Lied leider zunichte macht. Das macht es mir schwer. Der Song selber ist wirklich toll. Wer wie ich Synthesizer mag und bei mystischen Sphären dahin schmelzt, der die Stimme des Sängers auch wirklich mag, der zuckt dann aber leider bei eben diesen hohen Tönen echt zusammen. Damit tut sich die Band über das ganze Album hinweg keinen Gefallen.

Eben dieser hohe Gesang ist es auch, der beim nächsten Song BOY DON´T CRY eine zwiegespaltene Wertung bringt. Musikalisch nichts zu meckern, feinster poppiger Synth, dazu ein nicht zu vordergründiges Schlagzeug. Ein paar Effekte, die Stimme stellenweise etwas elektronisch verzerrt. Also eigentlich alles, was ein Dancefloor-Track so braucht. Wäre da nicht diese Kopfstimme.

Bei EASY folgt die Entspannung meiner Gesichtsmuskeln, denn Bill singt wieder normal. Der Song wird von einem ansteigendem Intro eingeleitet, hin zu einem durchaus angenehmen Tempo. Laute und leise Passagen wechseln sich ab und trotz gefälliger Effekte auf der Stimme regen sich doch tatsächlich Emotionen. Wehmut, Sehnsucht und Hoffnung… der Bill kann es doch!

WHAT IF beginnt mit einer dumpfen Tonspur die mir irgendwie verdächtig vertraut vorkommt. Zumindest der Stil ist nicht so unüblich, fand er sich in den Anfängen der 2000er öfter mal bei vielen Musikern. Definitiv fängt hier das Tanzbein an zu wippeln und zeigt: WHAT IF ist reif für den Dancefloor Eures Vertrauens.

Zuviel gute Laune macht satt, da kann ein wehmütiger, trauriger, baladesk anmutender Song nicht schaden. ELYSA ist so ein Lied. Etwas Piano am Anfang, dazu ein etwas kratzender Bill der dann am Ende des Intros beweist, dass er auch ohne Kopfstimme angenehme(re) hohe Töne schafft. Zur Songmitte hin überwiegen die Anteile aus dem Synth. Immer wieder nehmen die elektronischen Klänge etwas an Fahrt auf dass man denkt, gleich rumpelt der Song richtig los und mutiert zum Dance-Track. Weit gefehlt. Gleich eines Coitus interruptus holt mich die dann plötzlich einfallende Langsamkeit auf den Boden der musikalischen Realität zurück. ELYSA ist definitiv mein Favorit auf DREAM MACHINE.

Hören wir auf DREAM MACHINE, dem namens gebenden Track. Gefälliger Synthpop ohne neue Ideen, aber durchaus gut gemacht. Ich wünsche mir ja immer eine Hymne als Namensgeber. Einen Song, der mich wegreißt, mitreißt, sich in die Ohren brennt. Das ist DREAM MACHINE zwar nicht, aber ich mag den Song trotzdem. Ist halt solides Handwerk mit eindeutiger Handschrift eines BILL KAULITZ.

Auch COTTON CANDY SKY folgt diesem Schema. Man könnte fast meinen, es zeichne sich ein roter Faden ab. Wieder imponiert elektronischverzerrter Gesang á la Cher, nur dass man Bill auch unverzerrt sehr gut hören kann. Unaufgeregt plätschert das Lied so dahin. Kein wirkliches Highlight, aber definitiv auch kein Griff ins Klo.

Lust auf ein Wechselbad der Gefühle? Dann hören wir nun auf BETTER. Ein Lied, dass auch durch variierende Tempi und Lautstärken daher imponiert. Beginnt es leise, düster und traurig, wechselt es nahezu unvermittelt in ein überhebliches und lautes Kontra. Und ich mag Kontra, womit ich auch BETTER mag. Sehr sogar.

Wer mich kennt, der weiß um mein immer grauer werdendes Antlitz. Und dann kommt da diese (jetzt provoziere ich mal) Mannschaft von jungen Hüpfern mit einem Song namens AS YOUNG AS WE ARE daher. Immer auf´s Schlimme, ist schon klar. Aber auch dieses Lied gefällt mir echt gut. Und wieder ist da dieser Mischmasch aus langsamem, leisem Intro, dezent ansteigend bis wir dann wieder in einem schnelleren Refrain landen. Und hier haben wir dann einen Gesellen, den ich lange schon vermisst habe: Genosse Ohrwurm. Der Refrain von AS YOUNG AS WE ARE setzt sich fest und bleibt im Ohr. Dank seiner Einfachheit kann selbst ich nach dem erstem Durchlauf gleich mitträllern.

Ach Bill….. STOP, BABE… echt jetzt? Okay, wir sind jetzt am Ende des Albums angekommen. Da darf es wirklich langsamer werden. Aber ich weiß echt nicht, was ich nun zu diesem Song schreiben soll. Ist es, weil ich irgendwie alles wiederhöre, was wir vorher in den einzelnen Songs schon hatten? Ist es das immer wiederkehrende Schema der wechselnden Tempi und Lautstärken? Ich will STOP, BABE nicht verreißen, aber für mich der schwächste Titel auf einem an sich doch echt tollen Album.

Fazit

Bitte Bill: natürlich bleiben!! Du hast da eine tolle Stimme; verhunze die Songs bitte nicht mit der Kopfstimme. Das liegt Dir nicht, das passt nicht zu Dir. Bewahre dieses natürliche Kratzen in der Stimme, das ist authentisch.

Ansonsten muss ich sagen: mir gefällt DREAM MACHINE. Und zwar echt gut. TOKIO HOTEL haben erneut unter Beweis gestellt, dass sie sich wandeln und stellenweise neu erfinden können. ganz persönlich hätte ich mir etwas mehr dieser Rotznäsigkeit von KINGS OF SUBURBIA gewünscht. So wie in GIRL GOT A GUN zum Beispiel. Diese gelebte Leck-Arsch-Manier fehlt mir in DREAM MACHINE ein wenig.

Aber musikalisch finde ich das Album wirklich gut und ich würde mir echt wünschen, dass endlich mal der einen oder anderen Plattenschubse in den Clubs Eier und genug Selbstbewusstsein wachsen, um Euch verdient zu spielen.
Ich habe in der Vergangenheit diverse Airplays mal ohne Titelanzeige gespielt und siehe da: TOKIO HOTEL hat gefallen. Nach Nennung des Bandnamens sah es merkwürdigerweise wieder anders aus. Der Bandname erscheint verbrannt, die Musik ist es definitiv nicht.

Ich habe für diese Review keine kostenlose Promo zur Verfügung gestellt bekommen! Das ist also meine ganz persönliche und ehrliche Meinung zur Musik von TOKIO HOTEL. Aber liebes Team von STARWATCH: ich würde mich dennoch über Aufnahme in Euren Promo-Verteiler sehr freuen ;-)

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